Ich habe ihn im letzten Jahr irgendwie verpasst, obwohl damals darüber geschrieben wurde. Den Film: „Satte Farben vor Schwarz“. Er solle gutgespielt sein. Und wichtige Lebensthemen anreissen. So hiess es damals.

Jetzt kam er in einem Fernsehkanal. Und wir schauten ihn an. Santa Berger, auch im Älterwerden eine imposante Schauspielerin. Und natürlich Bruno Ganz. Ein exzellenter Mime! Egal, welche Rolle er spielt. Hier im Film bekommt er Prostatakrebs. Und wird nicht wirklich damit fertig. Zieht sich von seiner Frau zurück, mit der er imerhin 50 Jahre verheiratet ist. Mietet sich eine Wohnung. Sie versteht es nicht. Wird erregt, wütend. Wieso entscheidet dieser Mann über sein Leben allein, wo sie es doch bisher zusammen gemeistert haben. Die beiden Kinder grossgezogen…

Und sie – sowohl Kinder als auch Ehefrau – akzeptieren nicht, dass er sich keiner Behandlung unterziehen will. Weil er nicht als Patient die Zeit vorm Verlassen dieser Welt verbringen möchte. Deswegen auch dieses Wohnung, um in Ruhe überlegen zu können. Anita flüchtet schon mal ins Altersheim, zum betreuten Wohnen. Aber dann finden sie doch wieder zusammen. Und zum gemeinsamen Entschluss: Suizid.

Der Film endet mit einer fast feierlichen Szene. In einer sonst leeren Wohnung steht eine Couch, darauf geben sich beide gleichzeitig die Todesspritze…

Kontroverses Thema

Hinterher tauchen bei mir viele Fragen auf. Wieso hat Sophie Heldmann für ihr Erstlingswerk so ein schweres Thema gewählt, zumal sie selbst altersmässig noch nicht in ähnlicher Situation war? Bei Recherchen dazu fand ich, dass sie als 10-jährige einen ähnlichen Fall in der Nachbarschaft miterlebte. Scheinbar hat sie das Erlebte nie losgelassen und sie versucht, durch den Film einiges zu verarbeiten.

Andere mögen Gefallen am selbstbestimmten Leben – und Sterben haben. Wir entscheiden so viel während eines langen Lebens. Warum auch nicht den Zeitpunkt des eigenen – in diesem Fall sogar gemeinsamen – Todes?

In Würde zu gehen, dem Leiden und vor allem den Schmerzen auszuweichen – das sind verständliche Argumente. Aber der Film lässt auch weitere Fragen offen. Z.B. hätte der Kranke ja vielleicht, sogar sicher, noch viele Jahre ohne Schmerzen leben können, ehe der Krebs Wirkungen zeigt. Da ich vor kurzem dieselbe Diagnose hatte, weiss ich, wovon ich rede. Und ich habe mich für die Behandlung und Operation entschieden. Und finde das Leben weiterhin lebenswert.

Und selbst wenn sein Leben zu Ende gegangen wäre – was täglich vielen Menschen in einer Partnerschaft auch passiert – der Zurückbleibende kann noch in vielfältiger Art am Leben seiner Familie, seiner Umgebung teilnehmen. Sich einbringen. Freude und Leid mit anderen teilen. Zumal er selber durchs Erlebte dann gereifter ist…

Gott

Bei einer Trauerfeier eines jungen Mannes – er war erst Anfang 20 – stand auf der Anzeige der folgende Spruch:

„Der Herr bringt Tod und Leben; er führt ins Totenreich und er führt wieder heraus.“ (1.Sam. 2,6)

Das hat mich damals tief beeindruckt, dass die junge Witwe und auch die Eltern eine andere Sicht über den Tod hatten: Gott ist der Herr über Leben und Tod. Trotz allem Schmerz gab es ihnen einen Halt, einen gewissen Trost ist das Wirken des Allmächtigen.

Ich denke, wir haben uns unser Leben nicht selbst gegeben, deshalb sollten wir es uns auch nicht selbst nehmen. Ich weiss, dass es Menschen gibt, die in völliger Dunkelheit leben, keinen Ausweg sehen. Krank an Seele und Geist sind. Ausweglosigkeit, Überforderung und vieles andere können solche Gedanken hervorrufen. Und sicher hat Gott auch Erbarmen, wenn jemand die Kämpfe, die Spannungen, den Schmerz nicht mehr aushielt…

Schwierig

Sicher, ein schwieriges Thema. Aber für den Film hätte ich mir eine andere Lösung gewünscht. Eine, die mir als Zuschauer Mut macht, auch schwierige Lebensumstände anzupacken. Und auf Gott zu rechnen. Denn es gibt andererseits viele Beispiele, in denen Gott auch bei schwerer Krankheit eingegriffen hat und eine gute Wendung schenkte. Oder Kraft zum Durchhalten. Oder Menschen vorbeikamen, die mittrugen.

Der Hiob in der Bibel hat trotz Anraten seiner Frau kein Suizid begangen. Er hatte eine andere Philosophie: „Wir nehmen selbstverständlich das Gute von Gott an, wieso nicht auch das Schwere?“ Er vertraute auch in seinen wahrlich Riesenproblemen dem Gott, den er als gerecht und gut kennen gelernt hatte. Und durchlebte – durch die Nöte – einen inneren Reifeprozess und eine neue Gottesbegegnung. So kann es auch gehen.