Der Sohn des ImamsKürzlich las ich dieses Buch – und war beeindruckt. Der Untertitel „Wie ein marokkanischer Muslim im deutschen Gefängnis von Jesus überrascht wurde“ gibt eigentlich schon in Kurzform eine prägnante Inhaltsangabe dieses spannenden Buches.

Der Autor Raschid Idrissi (aus Sicherheitsgründen ein Pseudonym) wuchs seit 1959 im islamischen (98,7% Muslime) Marokko auf. Seine Kindheit erlebt er mit einem sehr strengen Vater. Dieser ist Koranschullehrer und Vorbeter in einer Moschee, in der als als Imam die fünf täglichen Gebetszeiten leitet. Raschid wächst in diese Religion hinein, stellt aber, je älter er wird, auch immer mehr Fragen über die Inhalte.

Da der Autor ein begabter junger Mann ist, fällt ihm das Lernen – und dabei auch die Fremdsprachen (darunter deutsch und russisch) – leicht. Das kommt ihm später zugute, als er Gelegenheit bekommt, Germanistik zu studieren und, als Belohnung für seine Russischkenntnisse einen zweimonatigen Studienaufenthalt in Moskau zu durchleben.

In einer weiteren Lebensphase verschlägt es Raschid nach Süddeutschland, um da weiter Germanistik zu studieren. Plötzlich wird er verhaftet und weiß lange Zeit nicht, warum er im Gefängnis sitzt. Diese Zeit kratzt stark an seiner Psyche. Er wird mit Rauschgifthandel konfrontiert. Das Gefängnisleben macht ihm zu schaffen. Ein Lichtblick sind die regelmässigen Veranstaltungen des „Schwarzen Kreuzes„, einer christlichen Organisation, die sich um Gefangene im Knast (und auch danach) kümmert. Dort nimmt er an den wöchentlichen Bibelstunden teil und wird Christ und getauft.

Trotz seines Gesinnungswandels soll er in seine Heimat (Marokko) abgeschoben werden. Durch ein Wunder – anders kann man es nicht bezeichnen – darf er in Deutschland bleiben, heiratet später und die junge Familie bekommt zwei Kinder. Heute setzt er sich ebenfalls im Rahmen des „Schwarzen Kreuzes“ für Gefangene ein.

Im Buch wird dem Vergleich des Islam mit dem Christentum ein grosser Platz eingeräumt. Dem deutschen Leser erschliesst sich durch einen Insider die Andersartigkeit der Gottesvorstellungen im Islam. Und man erlebt mit, wie viele offene Fragen durch den Autor angesprochen und beantwortet werden.

Wer sich für eine spannende Lebensgeschichte eines afrikanischen Muslimen interessiert, darüber hinaus Detailwissen über den Islam lernen möchte und den auch noch die Gepflogenheiten im deutschen Strafvollzug interessieren – der sollte sich dieses Buch (192 Seiten, Brunnen Verlag Basel) unbedingt zu Gemüte führen.